In Zeiten steigender Arbeitslosigkeit werben viele Stellenanzeigen mit Slogans wie „Flexibel von zu Hause aus arbeiten.“ Hinter der angegeben Telefonnummer verbirgt sich oft ein Networker, der auf diese Weise neue Vertriebspartner akquiriert. Network-Marketing oder auch Multilevel-Marketing wird in Deutschland oft fälschlich mit dem so genannten Schneeball- oder Pyramidensystem in Verbindung gebracht.
Tatsächlich handelt es sich um eine Form des Direktvertriebes. Der Endverbraucher bzw. Vertriebspartner bezieht seine Waren direkt beim Hersteller und arbeitet rechtlich unabhängig von der Firma. Er kauft für den Eigenbedarf, kann die Waren aber auch wieder verkaufen. Wirbt ein Vertriebspartner einen Zweiten, bekommt er Provision auf dessen Einkauf. Im Network-Marketing werden keine Kopfgeldprämien gezahlt. Die Network-Firmen geben so gut wie kein Geld für Werbung aus, dieser Etat fließt als Einkommen an ihre Vertriebspartner und in die Entwicklung der Produkte.
Bei den Waren handelt es sich in der Regel um Verbrauchsgüter, die fortlaufend bestellt werden. So geht ein zufriedener Kunde, als Kaufkraft selten verloren. „Die Kundenbindung im Network-Marketing ist extrem hoch, 83 Prozent der Kunden sind Dauer- bzw. Stammkunden“, so der Direktmarketing-Experte Prof. Michael Zacharias von der Fachhochschule Worms. Mehr als ein Viertel der Neukunden gewinnen Networker durch die Empfehlung ihrer bereits bestehenden Kunden. Network-Marketing wird daher auch Empfehlungsmarketing genannt. Der Erfolg erklärt sich aus drei Faktoren: Die Beratung im klassischen Einzelhandel nimmt zunehmend ab, und die großen Gruppen des Handels verkaufen fast überall die gleichen Produkte.
„Wer im Network-Marketing erfolgreich sein möchte, muss sich eine Firma suchen, die Produkte verkauft, von denen man selbst begeistert ist“, rät Zacharias. „Die Hauptmotivation sich für Network-Marketing zu entscheiden, liegt darin, sich ein zusätzliches Einkommen zu schaffen sowie in der freien Zeiteinteilung und die Möglichkeit von Zuhause aus zu arbeiten“, so Zacharias. Die Startkosten sind in der Regel gering, der Vertriebspartner erwirbt für 15 bis 100 Euro ein so genanntes „Starterkit“, das Kataloge und Formulare enthält. Die Vorteile eines Networkers im Vergleich zur Selbstständigkeit im Einzelhandel sind deutlich: Er hat keine Lagerkosten und zahlt keine Miete. Arbeitslose, die sich mit Network-Marketing selbstständig machen möchten, werden von der Bundesagentur für Arbeit (BA) finanziell gefördert. Volker Lenke von der Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit in Kiel: „Existenzgründer, die keine übersteigerten Erwartungen haben, können sich mit Network-Marketing ein solides Einkommen schaffen.“ Die meisten, die sich für Network-Marketing entscheiden, steigen zunächst nebenberuflich ein, wie der Hamburger Heilpraktiker Hans-Peter Rauh. „Begeistert haben mich in erster Linie die schadstofffreien Produkte. Network heißt für mich neue Vertriebspartner zu schulen und intensiv zu begleiten“, sagt Rauh. Wer begeistert sei, schreibe sich schon für den Eigenbedarf als Vertriebspartner ein. Fast ein Viertel der in Deutschland arbeitenden Networker sind hauptberuflich tätig. Ein Beispiel dafür ist die ehemalige Apothekerin Elfie Bieber aus Taufkirchen bei München. Sie kam durch eine Postwurfsendung auf Network-Marketing und sagt: „Mit so etwas hätte man mich eigentlich nicht locken, aber ich hatte nichts zu verlieren.“ Sie verdient nach drei Jahren ein Gehalt von dem man zu zweit gut leben kann. Über den Erfolg sagt sie: „Ohne gesteigerte Erwartungen und mit genügend Durchhaltevermögen kommt man zum Ziel.“
Wer sich dafür interessiert, sollte aber in jedem Fall die Firmen kritisch prüfen.
Network-Unternehmen, die übersteigerte Verdienstmöglichkeiten versprechen, sind in der Regel nicht als seriös einzustufen. Auch ein Anruf bei der Verbraucherzentrale (oder eine Recherche im Internet) kann nicht schaden. Schwarze Schafe sind dort häufig schon bekannt. Der große Erfolg dieser Vertriebsform hat inzwischen aber sogar schon etablierte Konzerne wach werden lassen. So denken Pharmahersteller darüber nach, ob sich rezeptfreie Mittel auf diesem Weg vertreiben lassen.
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